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Tag 3: Chandhigar-Manali. „Ist dir auch schlecht?“ Indisch Racing auf 3000m.

Das andere Indien. Das tolle, das üppige, das unfaßbare Indien!

Chrinagarh – Manali. Und das in vollem Tempo!

Dem Moloch Dehli sind wir mit einem 1stündigen Flug nach Chrinaghar entronnen. Jetzt sind wir in Manali, dem Einstiegstor zum Himalaya.

Unser Hotel „HIGHLAND“ liegt, man ahnt es schon, etwas oberhalb des bunten Treibens des Gebirgsortes. Auf dem Hof warten 23 ROAYAL ENFIELD auf ihren Einsatz. Ein schönes Bild und der Grund für unser Kommen: Auf dem Motorrad durch den Himalaya! Ein Traum.

 

Aus dem letzten Jahr wissen wir, dass die Maschinen perfekt für diese Umgebung gemacht sind: robust, zuverlässig und von einer unglaublichen Genügsamkeit. Wir fahren auf dem Enfield Modell „BULLETT“, 23 PS und somit für die heutigen europäischen Verhältnisse untermotorisiert sind sie in der Himalaya-Region das perfekte Fortbewegungsmittel, wie auf dieser Tour noch bewiesen werden sollte. Unser Model hat den schönen Namenszusatz Machismo. Und selten hatte der Satz „der Name ist Programm“ eine größere Richtigkeit.

 

Gestartet sind wir heute Morgen um 4:00 Uhr zunächst einmal mit der üblichen indischen Improvsation: Auf unserem Flug von Deutschland waren 23 Kilo Gepäck erlaubt, die natürlich von allen Teilnehmern leidlich ausgenutzt wurden. Mit den zusätzlichen ca. 50 Kilo Gewicht für die DANE Kollektion und die Fotoausrüstung stehen wir jetzt also vor dem Check In Schalter. Die Strategie von Buddhi Singh, dem Inhaber der uns betreuenden Organisation ähnelt einem Asterix & Obelix Plan. Er (als Asterix) verwickelt die CheckIn Mitarbeiterin in eine Gespräch, in dem er es zunächst auf die charmante Tour versuchen wird, um dann mit dem Hinweis auf die Internationalität der Gäste und der von der Regierung ausgerufenen Touristenfreundlichkeit die CheckIn Dame im bestimmten Tonfall darauf hin zu weisen, dass man (sie) ja nun wohl keinen Ärger machen wolle wegen ein paar Kilo Übergewicht von man gerade 40%. Wir (als Obelixe) haben von ihm den Auftrag erhalten, die Gepäckstücke in einer Frequenz und Bestimmtheit auf das Band zu legen, dass den entscheidungsschwachen Gehilfen am Band eine genaue Kontrolle unmöglich machen soll. Der Plan klappt.

Als Zeichen ihrer Autorität verweigert die Schalter-Dame lediglich der überdimensioniert Fotoausrüstings-Tasche die Aufnahme. Dieses wird von den Gehilfen zum Sperrgepäck gebracht, erscheint dann bei der Ankunft in Chrinaghar aber mit großer Ruhe und Entspanntheit beim Normalgepäck, während ich mit dem Mann am Sperrgepäck plaudere. Indische Logik und wieder einmal ein anschauliches Beispiel für die hohe Improvisationkunst. Im guten alten Deutschland, hätte man angesichts von cirka 200 Kilo Übergepäck einen eigenen Flieger chartern können. In Indien versteht Buddhi nicht, warum ich dachte, wir hätten ein Problem. Überflüssig zu erwähnen, dass eine vergleichbare Methode auch auf dem Rückweg erfolgreich war.

Einziger Unterschied: Nach 2 Wochen Indien habe auch ich nicht mit einem wirklichen Problem gerechnet.

 

In Chrinaghar dann werden wir von 8 Wagen inklusive Fahrern empfangen, die allesamt augenscheinlich den gleichen Fahrsicherheitskurs absolviert haben. Wir müssen an dieser Stelle allerdings das Wort „Sicherheit“ durch „Tempo“ ersetzen. Die Jungs fahren wie an der Perlenkette gereiht mehr auf der rechten als auf der linken Seite. Es sei an dieser Stelle daran erinnernt das in Indien Linksverkehr herrscht. Rechts bedeutet also Überholspur. Und noch weiter rechts bedeutet in aller Regel eine enorme Fallhöhe.

Trotz dieser Aussicht strahlen die Fahrer aber eine so große innere Ruhe und Souveränität aus, dass wir trotzdem in der Lage sind, uns eine kurze Mütze Schlaf zu nehmen.

Die einzige Irritation gibt es zu Beginn der heutigen Tour, denn unsere Fahrzeuge sind mit einem Hakenkreuz ausgestattet. Das ist in diesem Fall aber keine ironische Kennzeichnung für eine deutsche Reisegruppe, sondern das von dem schrecklichen Menschen adaptierte Zeichen ist ein Jahrhunderte altes Hindu-Zeichen, dass dem Fahrer Glück verheißen soll. Und dies können wir auf unserem folgenden Trip wirklich gebrauchen. Das mißbrauchte Symbol begegnet uns auf unserer Tour immer wieder und, Schatten der nie selbst erlebten Vergangenheit, man zuckt doch immer wieder unwillkürlich ein wenig zusammen.

Zum Glück ist unser Guide IMMER um unser Wohl besorgt und erklärt uns, dass das Symbol eben nicht der Kennzeichnung einer deutschen Ausflugstruppe dient, sondern eine Jahrhunderte alte Tradion hat

Das dem Fahrer verheißene Glück nehmen wir gerne in Anspruch, denn Minto, unsere Fahrer scheint scharf auf das Preisgeld zu sein. Am Ende des Feldes Stelle gestartet, mißachtet er die Stallregie zum „Kolonnenfahren“ in einem Ausmaß, wie es ansonsten nur  Lewis Hamilton zu vollbringen vermag, wenn der kleine Nico im Rückspiegel auftaucht. Mit Dauerhupen, Hartnäckigkeit und coolen Blick unter ebensolcher Sonnenbrille fährt er uns quasi aus der Boxengasse aufs Treppchen. Insbesondere ein „ich bleib einfach mal rechts“ Manöver kurz vor Ankunft in Manali sorgt bei den Anwesenden aus dem Land der Formel1- und Fußballweltmeister (4 Sterne!) für Szenenapplaus. Nur der einzig anwesende holländische Gefolgsmann verpennt die halbe Fahrt. Vorne links sitzend, auch das beste was er machen kann, angesichts der Überholorgie am Abgrund (siehe Video).


Trotz des ambitionierten Tempos benötigen wir für 300km 10 Stunden!

Wir sind eben in der Himalaya-Region. Das bedeutet aber auch, dass, wie immer in Indien, draußen das große Kino vorbeizieht. Neben der immer atemberaubender Landschaft, sehen wir in jedem kleinen Himalaya-Dorf wieder die fremdartigsten Szenen, die den eigentlichen Reiz dieser tour ausmachen.

Das in Indien immer das Unerwartete passieren kann, zeigt sich dann wieder einmal bei unserer Mittagsrast.

Aufgrund unserer einheitlichen DANE-TROPHY Shirts und den 8 gleichen Fahrzeuge erscheinen wir für eine motorradfahrende(!) Pilger-Delegation anscheinend als besonders bedeutend. Auf jeden Fall wünschen sie eine ausgiebige Fotosession mit uns, die noch dadurch angeheizt wird, daß Hansi uns, wie übrigens während der gesamten Tour, als „Special Forces Germany“ ausgibt. Aufgrund fehlender Englischkenntnisse der anderen Seite können wir nicht klären, wofür sie uns denn nun eigentlich halten? Es könnte sein, dass wir für eine Regierungsdelegation gehalten werden, denn insbesondere die Begeisterung für Martin, der einem, mit der aktuellen europäischen Politikszene nicht ganz vertrauten Inder auch als Helmut Kohl durchgehen könnte, erfährt wahre Begeisterungsstürme. Der Inhaber des Restaurants fordert uns auf, die Wagen nochmals optisch repräsentativer vor seinem Restaurant zu parken, denn er will seine Serie von Gruppenfotos auf seiner Homepage und Facebook Seite posten. Leider haben wir uns in dem Rausch der 15min.Berühmtheit die Seiten nicht gemerkt, so daß wir diese nicht kontrollieren können.

Die deutsche Regierungsdelegation (also wir) verabschiedet sich unter großem Hallo und brettert im 8-Wagen-Konvoi in bester Leonid-Breschnew-fährt-durch-Moskau Tempo in geschlossener Kolonne weiter nach Manali.

 

Trotz des Expresstempos erreichen wir Manali erst gegen Abend. Indien braucht nun mal seine Zeit. Uns erwarten 20 frisch gewienerte Roayl Enfields und ein freudig erregter Hoteldirektor. Mit einem typisch indischen Essen und ein paar wenigen Kingfisher Bieren endet der Abend. Erleichtert darüber, morgen auf die Motorräder zu dürfen und somit Tempo, Überholfrequenz und Hupennutzung selber bestimmen zu können, gehen früh die Lichter aus.

 

Denn Morgen beginnt der eigentliche Trip. Mit dem Moped auf den höchsten befahrbaren Paß der Welt.

Schnell schlafen, dann ist es schneller Morgen!