Die Entspanntheit einer Abenteurertruppe.
31.07.2014 Tag 1: Ankunft Flughafen Dehli
0:10 Uhr. 34 Grad, Luftfeuchtigkeit zweitausendeinhundertsechsunddreißig Prozent und ein Hoch auf die entspannte Himalaya Truppe.
Dehli gibt uns einen Vorgeschmack und empfängt uns mit variierenden Preisen für Mineralwasser. Bei Cristophs Einkauf kostet eine Flasche Flughafenwasser 56 Rupien (ca. 75 Cent), 10 min. später kosten meine Flaschen beim gleichen Verkäufer am gleichen Stand 40 Rupien. Ich erkläre dem Verkäufer, dass dies doch eine erstaunliche, aber wie ich finde erfreuliche Deflation wäre. Er versteht mich nicht. Was ich generell begrüße, denn das Deflation-Ding habe ich auch nie verstanden und ich hätte es auch nicht erklären können.
Irritiert bin ich aber, als Gino berichtet, er habe weitere 10 min. später nur 25 Rupien bezahlt.
Naja, seis´ drum. Willkommen in Dehli, der Hauptstadt der Improvisation und des Feilschens.
Wir verlassen die vom feisnten gekühlte Ankunftshalle und betreten die tropische indische Nacht. Zumindest ich mache dies in der Erwartung, dass unser perfekter Guide Mr. Moti mit einem kleinen Pappschild mit meinem Namen im Eingangsbereich steht. Im vergangenen Jahr hat er aus meinem Vornamen Jens ein sehr sympathisches Mr. Jeans Schild gebastelt. Heute sehe ich aber auch nach 10 min. noch nicht mal ein J. Genau genommen sehe ich keinerlei Schild und keinerlei Mr. Moti. Da er der zuverlässigste Guide aller Zeiten ist, ahne ich sofort das etwas passiert sein muss. Mit dieser Erkenntnis rinnt mir der Schweiß nicht nur wegen der Hitze. 20 müde Männer im Hintergrund, pokere ich ein wenig und tue ich 1 min. lang so, als wüßte ich exakt wie es weiter geht. Weiß ich allerdings nicht, denn da es bei unserem Organisator in Indien noch niemals vorgekommen ist, dass ein Treffpunkt/Termin nicht eingehalten wurde, habe ich den Namen des heutigen Übernachtungs-Hotels nicht parat. Somit also keine Ahnung, wo ich mit den Abeteurern hin soll.
Trotz bisher 100% Verläßlichkeit untergräbt mich der Gedanke, was wohl passieren würde, wenn uns Moti schnöde vergessen hat. Zumal er auf dem Handy nicht erreichbar ist.
Die beste DANE Truppe bleibt erstaunlich entspannt. Männer, die bereit sind mit dem Moped zum höchsten Paß der Welt zu fahren, sind augenscheinlich nicht damit zu schocken, dass sie die Nacht am Flughafen in Dehli verbringen müssen. Zumal es an Verpflegnung nicht mangelt. Der Wasserpreis ist mittlerweile wahrscheinlich bei 8 Rupien.
Zum Glück haben wir für einen solchen Fall den Spezialagenten Sven „MacGuyer“ Svensson zu Hause in Bereitschaftsdienst. Wer sich an die letzte DANE TROPHY TRANSHIMALAYA erinnert, weiß, dass Sven Krisenmanager ist. Manchmal löst er sie aus, aber immer löst er sie auch wieder auf. Nach 1 Stunde vergeblichen Wartens startet er seine Mission. Und nach 16(!) Anrufversuchen (es ist 3:30 Uhr nachts, dass Handy auf lautlos) erreicht er Buddhi Singh, den Inhaber unserer indischen Veranstaltungsfirma.
Ich habe mittlerweile den kompletten Wasservorrat des Standverkäufers zu seinem Einkaufspreis aufgekauft. Die Jungs sind weiter gut drauf.
Buddhi setzt ein paar indische Hebel in Bewegung und erfährt, dass der zuverlässigste Guide Indiens unverschuldet in einen Unfall verwickelt ist und als potentieller Zeuge von der Polizei fest gehalten wird. Dummerweise hat sich der Unfallfahrer auch noch ein Funklochviertel ausgesucht.
Um 4 Uhr kommt der Fernbefehl: Eigenorganisiert auf Kosten des Veranstalters Taxis nehmen und zum Ashrock Country Hotel in die Rajoki Road.
20 Mann = 5 Taxen denkt der naive Europäer. Denn als das erste Taxi auftaucht, stellt sich raus, dass der Suzuki Swift hier ein beliebtes Transportauto ist. In der Praxis passen auf bequeme Weise lediglich 2 Mittel-Europäer mit 1 Koffer in so eine Karre, denn, das stellen wir fest, als wir die ersten Ausrüstungs-Bags verladen wollen: die Kofferäume sind großzügig als Altkleidersammelstelle und Gastank umgerüstet. Hinten rein paßt höchstens das Handgepäck oder Kulturbeutel. Der Rest muss aufs Dach.
Unsere Frage nach Zurrgurten?! Antwort: Überbewertet.
Schnell setze ich mich im Auto auf meine Fototasche, da mit nicht einer der heuschreckenartig und ungefragt aufgetauchten Kofferträger, genauer gesagt Kofferheber, die Fototasche auf den Dachgepäckträger schmeißt, dort ungesichert läßt und dann, in Kenntnis des deutschen Mindestlohngesetzes auf angemessen, nicht vereinbarte Bezahlung pocht. Genau genommen sind die Kofferträger auch nur Kofferheber, denn unsere Taschen stehen schon direkt am Wagen.
Dank indischer Stapelkunst kommen wir auf insgesamt 8 Taxis, die uns für je 500 Rupien zum Bettchen bringen.
Das Wort Konvoi ist einem indischen Taxifahrer schwer zu erklären, denn er kassiert ganz gerne alleine ab. Und daher fotografiert jeweils 1 Taxibesitzer via Handy die angegebene Hotel-Adresse ab und muss sich dann durch die Nacht kämpfen.
An dieser Stelle daher eine Eloge auf die mir noch wenig bekannten Teilnehmer. Kein Murren, kein Granteln, kein Beschwerdebrief an den Reiseleiter. Unisono herrscht die Meinung, dass man auf seiner Tour nichts zu suchen habe, wenn man nicht zur Improvisation bereit ist. Gleichmut, Selbstsicherheit und Entspanntheit wie eine heilige indische Kuhherde.
Im Gegenteil, ich solle mich nicht ständig für 3 Stunden Flughafen Gehänge entschuldigen. Bier ausgeben und dann ist gut.
In unserem Hotel gibt es Kingfisher Bier, eiskalt gekühlt in der 06er(!) Flasche. Das Leben ist schön.
Um halb 6, die Sonne zeigt sich schon, sind wir im Bett.
Das 2. DANE Tour-Shirt ist durchgeschwitzt.
Ganz schön was los hier, ist mein letzter Gedanke. Aber wir haben ja auch schon Tag 1.